Getreide - Volle Kraft aus vollem Korn

Bis vor etwa 150 Jahren verzehrten die Menschen das Getreide in seiner Gesamtheit, also auch Randschichten und Keim. Durch die Zunahme der Bevölkerung kam es zu ernsten Versorgungsproblemen, und man versuchte, ein Mehl zu gewinnen, das lange haltbar war. Die Technisierung machte es möglich, den fetthaltigen Keim und die Randschichten vor dem Mahlprozess zu entfernen. Der isolierte Stärkekern wurde zu Mehl vermahlen und war so unbegrenzt lagerungsfähig.

Dieses Mehl, auch als Auszugsmehl bezeichnet, enthält kaum noch Vitalstoffe. Aus qualitativer Sicht gehört das Auszugsmehl zu den minderwertigen Nahrungsmitteln.

Beim vollen Getreidekorn ist besonders der Gehalt an Vitamin B1 hervorzuheben. Kein anderes Lebensmittel enthält auf so kleinem Raum so viel Vitamin B1 wie der Getreidekeim. Das heißt, dass der Getreidekeim der Hauptlieferant für Vitamin B1 ist und dass es kaum gelingt, den Bedarf an diesem Vitamin in der menschlichen Nahrung ohne Vollgetreide ausreichend zu decken.

Es gibt in der modernen Ernährungswissenschaft genügend Beweise und Untersuchungen, dass eine volle Gesundheit ohne volles Korn nicht möglich ist. Deshalb spielt der Verzehr von vollem Getreide in der vitalstoffreichen Vollwertkost eine zentrale Rolle und kann Zivilisationskrankheiten verhüten bzw. deren Fortschreiten verlangsamen.

Verluste durch das Ausmahlen

Aus der folgenden Tabelle ist abzulesen, wie gering die Werte eines Auszugsmehles gegenüber dem ganzen Getreidekorn sind und welche Verluste durch das Ausmahlen entstehen.

Wirkstoffe  Vollkorn-mehl 1kg Auszugs-mehl 1kg     Verlust

  Eisen              44 mg                               7 mg                  84%     

  Kupfer             6 mg                              1,5 mg                  75%     

  Magnesium   250 mg                            120 mg                 52%      

  Mangan           70 mg                             20 mg                  71%        

 Kalium            4730 mg                         1150 mg                76%       

 Calcium            120 mg                           60 mg                  50%      

 Vitamin B1         5,1 mg                            0,7 mg                 86%       

 Vitamin B2        1,3 mg                            0,4 mg                 69%   

Provitamin E       24mg                              0mg                 100%   

Die unterschiedlichen Getreidearten

Aus Wildformen von Gräsern züchteten Menschen nach und nach die heute bekannten Getreidearten. Diese werden in Spelz- und Nacktgetreide unterteilt. Das Korn von Gerste, Hafer, Hirse und Reis ist von festen Hüllen, den Spelzen, umgeben. Diese müssen vor der Verarbeitung entfernt werden, da sie unverdaulich sind. Der Nährstoffgehalt bleibt jedoch, außer bei der Gerste, erhalten. Erntereife Weizen-, Roggen- und Maiskörner fallen fast von allein aus den Spelzen.

Weizen

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Weizen gehört zu den ältesten Getreidearten. Weizen ist eigentlich ein Sammelbegriff für 6 verschiedene Triticum-Arten. Wenn wir von Weizen sprechen, so meint man eigentlich immer den Weichweizen. Weizen ist das bedeutendste Brotgetreide und hat durch seinen hohen Klebergehalt gute Backeigenschaften. In der Mitte des Stärkekerns befinden sich bei Weizenkörnern die Mehleiweiße. Werden diese feucht, entwickeln sie eine klebrige Eigenschaft und heißen daher Klebereiweiße. Ihre Menge und Beschaffenheit im Mehl entscheiden über die qualitative Einstufung von Backweizen aus backtechnischer Sicht: sehr guter, guter, nicht mehr guter Backweizen. Die Klebereiweiße sind also verantwortlich für die Teigelastizität, Teigstabilität, sie halten das Teigvolumen und ermöglichen eine gute Krumenbildung im Gebäck.

Back- oder Weichweizen wurde in den vergangenen Jahrzehnten stark züchterisch bearbeitet. Immer neue Sorten, ertragreich und resistent gegen bestimmte Pflanzenkrankheiten, sind das Ziel. Wir unterscheiden Winter- und Sommerweizenarten. Wintersorten sind widerstandsfähiger und ertragreicher. Der Weichweizen ist ein Nacktgetreide, d.h. nach dem Drusch fallen die Samenkörner ohne Hüllspelzen speisefähig heraus. Aus Weichweizen können nach Abtrennen der Randschichten (Kleie) und der Keimanlage Auszugsmehle hergestellt werden. Diese hellen, feinen Weizenmehle ermöglichen Feingebäcke jeder Art und schwindeln uns optische Qualität vor.

Verwendung: Weizen wird in erster Linie als Mehl zur Herstellung von Brot verwendet. In der Vollkornküche kann Weizen noch sehr vielfältig eingesetzt werden: als ganzes Korn gekeimt, zu Flocken gepresst oder gekocht als Beilage, Salat. Geschrotet und eingeweicht wird Weizen auch für den Frischkornbrei verwendet. Als Vollkornmehl oder Schrot vermahlen kann Weizen auch für Suppen, Knödel, Aufläufe, Soßen, salziges und süßes Gebäck verwendet werden.

Roggen

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Roggen ist ein typisches Brotgetreide, das bis vor ca. 100 Jahren an der Spitze unserer heimischen Getreidesorten stand.

Roggen enthält weniger Klebereiweiß als Weizen; die Schleimstoffe im Roggen verhindern beim Aufquellen die Kleberausbildung. Deshalb sind beim Backen mit Roggenmehl andere Bedingungen als beim Weizen zu beachten. Um Roggen backfähig zu machen, benötigt er mehr Wasser, mehr Wärme, mehr Zeit. Roggenteige nehmen im Vergleich zu Weizenteigen auch mehr Wasser auf; daher sind die Brote saftiger und halten länger frisch.

Verwendung: Roggen wird vor allem zu Brotbacken und dort in erster Linie zur Herstellung von Sauerteigbroten verwendet. Auch als Flocke gequetscht oder gekeimt kann Roggen verwendet werden. Weiteres lassen sich aus Roggen Eintopfgerichte, Aufläufe, Laibchen, Suppen bereiten.

Dinkel

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D inkel gilt als der nächste Verwandte des Weichweizens. Beim Dinkel gibt es im Vergleich zum Weichweizen relativ wenige Neuzüchtungen. Auch im Wachstum ist er anspruchslos und widerstandsfähig, d.h. es kommt auch nicht zu höheren Erträgen, wenn dem Boden z.B. Mineralsalze zugesetzt werden. Dinkel ist ein Spelzgetreide. Die Samenkörner sind von den Hüllspelzen umgeben und müssen erst entspelzt werden. Das gewonnene nackte Korn hat aber seine volle Keimfähigkeit behalten. Da Dinkel reichlich Klebereiweiß enthält, hat er gute Backeigenschaften. Die Körner ergeben ein sehr feines, weiches Mahlgut.

Verwendung: Dinkel ist ein ausgezeichnetes Brotgetreide, er kann auch weniger gute Backeigenschaften von Weichweizen aufbessern helfen.

Dinkel-Vollkornmehl kann für alle Getreidezubereitungen pikant und süß, auch als Ganzkorn gekocht, eingesetzt werden. Auch ist er bestens geeignet für die Nudelherstellung und geschrotet oder gekeimt als Frischkornspeise.

Grünkern

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Grünkern entsteht, wenn Dinkelkörner im milchreifen Zustand (= etwa 3-4 Wochen vor der Vollreife) geerntet werden. Diese Körner sind noch weich und nicht ausgereift. Anschließend müssen die Ähren bei Trockenluft, die über einem Buchenholzfeuer angesaugt wird, getrocknet bzw. gedarrt werden. Dies ergibt den typischen Geschmack.

Grünkern ist kein ausgereiftes, keimfähiges Getreide; er ist auch nicht mehr backfähig.

Verwendung: Durch seinen würzigen Geschmack kann Grünkern hervorragend für die Zubereitung von Suppen, Soßen, Knödeln, Bratlingen, Salaten, Brotaufstrichen, verwendet werden.

Gerste

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Die Gerste ist eine der ältesten Kulturpflanzen. Bei der Gerste unterscheidet man zwischen Nacktgerste und Spelzgerste. Bei der Spelzgerste müssen nach dem Ernten die Spelzen abgetrennt werden; dabei wird das Korn oft beschädigt und die Körner sind nicht mehr keimfähig. Die Spelzgerste wird hauptsächlich als Futtergetreide, als Braugerste und für Backbetriebe (als Malzbackmittel) verwendet. In der Vollkornküche wird vorzugsweise die Nacktgerste (auch als Sprießkorngerste im Handel) verwendet, da nur diese Gerste als vollwertig bezeichnet werden kann. Wie beim Weizen und Roggen fallen die Körner der Nacktgerste nach dem Dreschen aus den Spelzen und sie ist somit speisefähig und auch keimfähig.

Verwendung: Gerste kann als ganzes Korn gekocht für Suppen, Aufläufe, Eintopfgerichte oder gekeimt verwendet werden. Geschrotet verwendet man Gerste für den Frischkornbrei, für Bratlinge, Suppen, Knödel. Gerstenvollkornmehl kann auch in geringen Mengen bei Brotteigen zugesetzt werden.

Hafer

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Hafer gehört zu den Breigetreiden; er enthält nur Spuren von Klebereiweiß und ist somit allein nicht backfähig. Beim Hafer gibt es den Spelz- und den Nackthafer. Als Speisegetreide wird überwiegend Spelzhafer angebaut. Die festanliegenden Hüllspelzen müssen nach einer Hitzebehandlung in der Mühle abgetrennt werden. Die Haferkerne sind nicht mehr keimfähig. Deshalb wird in der Vollwertküche vorzugsweise Nackthafer (auch Sprießkornhafer genannt) verwendet. Die Samen des Nackthafers fallen nach dem Dreschen leicht aus den Hüllspelzen heraus; die Keimfähigkeit ist somit gewährleistet. Hafer gilt als das nähr -und vitalstoffreichste Getreide. Der Fettgehalt von 7-8% ist der höchste aller Getreide. Auch der Eiweißgehalt ist mit durchschnittlich 12 % sehr hoch.

Verwendung: In kleinen Mengen kann Hafer unter Brotteige gemischt werden. Als ganzes Korn gekocht, gekeimt, als Flocke gequetscht, geschrotet für Suppen, Soßen, Knödel, Bratlinge lässt sich Hafer vielseitig einsetzten.

Hartweizen

Hartweizen ist ein Abkömmling der Urweizenform Emmer. Hartweizenkörner haben eine harte, glasig schimmernde Schale und weisen einen besonders hohen Eiweißgehalt auf. Durch die besondere Beschaffenheit und Qualität des Klebereiweißes hat Hartweizen eine starke Teigbindung. So können bei guter Qualität und ausreichender Klebereiweißmenge z.B. Nudeln ohne Eier hergestellt werden. Das Mahlgut von Hartweizen ist grießig und hellgelb.

Verwendung: Hartweizen kann vor allem für Nudelgerichte, Knödel, süßen und salzigen Grießspeisen verwendet werden. Zu sehr feinem Grieß vermahlen kann Hartweizen auch unter den Brotteig gemischt werden ( nicht mehr als 10 %). Die Teigbindung, das Teigvolumen, die Gärung und die Qualität des Gebäckes kann so verbessert werden.

Kamut

Kamut ist wie der Hartweizen ein Abkömmling des Emmers und stammt aus der Getreidehochkultur der Ägypter. Die großen, schlanken, glasig gelben Körner sind im Aussehen dem Hartweizen ähnlich. Kamut hat ausgezeichnete Klebereigenschaften und weist einen beachtlichen Nähr- und Vitalstoffgehalt auf. Der Eiweißgehalt kann bis zu 20 % betragen.

Verwendung: Kamut ist ein echter Grießweizen und als solches auch vielseitig einsetzbar. Zu Nudelgerichten, süßen oder salzigen Grießspeisen verarbeitet, aber auch geschrotet, geflockt und gekeimt ergibt Kamut schmackhafte Speisen.

Khorasan-Weizen(Triticum turgidum × polonicum), auch Kamut genannt, ist eine alte Sorte des Sommerweizens, die nach genetischen Untersuchungen eine natürliche Hybride aus Hartweizen (Triticum durum) und einer Weizen-Wildform Triticum polonicum ist. Die Landwirte T. Mack und Bob Quinn aus Montana ließen sich den Namen „Kamut®“ als eingetragenes Warenzeichen schützen. und vermarkten ihn unter dieser Bezeichnung. Dadurch bürgerte sich „Kamut“ auch in allen deutschsprachigen Ländern als Synonym für den Khorasan-Weizen ein. Kamut enthält Gluten, wie alle Weizenarten. Allergiker, die Probleme mit Weizeneiweiß haben, können versuchsweise ihre Ernährung auf Kamut umstellen. Es wird berichtet, dass in einigen Fällen allergische Reaktionen ausbleiben. Dies gilt aber nicht für Menschen, die an Zöliakie erkrankt sind

Hirse

Als Breigetreide gehört Hirse zu den ältesten Kulturpflanzen. Der Nähr- und Vitalstoffgehalt von Hirse ist beachtlich. Der Eiweißgehalt von 10-12 Prozent ist hervorzuheben, ebenso der Gehalt an Mineralstoffen. Man unterscheidet verschiedene Hirsesorten:

Rispenhirse, auch Goldhirse genannt: Diese Hirseart gilt in Europa als Speisehirse schlechthin und ist in Naturkostläden in unterschiedlichen Korngrößen erhältlich.

Borstenhirse, auch Kolbenhirse genannt: Diese Hirseart enthält Klebereiweiß und ist somit auch backfähig.

Perlhirse: Sie ist bis heute ein wichtiges Speisegetreide in trockenen Zonen Afrikas und Asiens. Sie wird dort hauptsächlich als Mehl vermahlen für Fladenbrote und Breie verwendet. In Amerika wird sie hauptsächlich als Futtermittel verwendet.

Teff-Hirse: Sie ist in Äthiopien das wichtigste Getreide für Mensch und Tier. Teff-Hirse ist backfähig, wird bei uns im Handel jedoch nicht angeboten.

Sorghum-Hirse, auch Mohrenhirse genannt: Sie dient als Nahrungspflanze hauptsächlich noch in Afrika, im Nahen Osten und in China.

Braunhirse ist eine Urform der Rispenhirse. Ihre Samen sind braun, ebenso das Mahlgut. Die Samen dieser Hirseart müssen nicht geschält werden, das heißt die Schalen sind verzehrbar und können mit dem Korn vermahlen werden. Braunhirse ist backfähig, enthält aber kein Klebereiweiß. Somit lassen sich lockeres Gebäck, aber auch Bratlinge herstellen. Im Naturkosthandel ist Braunhirse erhältlich.

Verwendung: Hirse kann sehr vielseitig eingesetzt werden. Als ganzes Korn gekocht können schmackhafte süße und salzige Speisen mit Gemüse oder Obst gemischt zubereitet werden. Geschrotet oder vermahlen kann Hirse für Suppen, Soßen und Gebäck verwendet werden. In kleinen Mengen kann sie auch unter den Brotteig gemischt werden.

Speisehirse ist ein geschältes Getreide. Beim Abtrennen der Hüllspelzen kann die Keimanlage beschädigt werden, Keimöl tritt aus und oxidiert mit dem Luftsauerstoff. Die Hirsekörner und besonders das daraus gemahlene Mehl können bitter schmecken. Deshalb empfiehlt es sich, Hirse nicht in großen Mengen zu kaufen und so bald als möglich zu verwenden.

Aus dem Infoheft der SGGF – Südtiroler Gesellschaft für Gesundheitsförderung - erstellt von Rita Bernardi 

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